Handlungs- und Lageorientierung

Wir kennen das alle: Wir haben eine Hausaufgabe aufbekommen, die wir zu einem bestimmten Zeitpunkt zu erledigen haben, sind aber augenblicklich nicht in der richtigen Stimmung uns mit ihr zu befassen. Schließlich haben wir noch zwei Tage Zeit oder vielleicht sogar drei, und außerdem haben wir im Augenblick sowieso gerade was Besseres zu tun. Am nächsten Tag das gleiche Spiel: Ich habe noch drei Stunden Zeit bis zu meiner Verabredung und Übermorgen muss ich die Arbeit abgeben. Jetzt habe ich die Zeit und wäre vielleicht auch schon in zwei Stunden damit fertig, ich kann mich aber überhaupt nicht konzentrieren; ein Streit in der Familie, mit Freunden oder eine Auseinandersetzung mit dem Lehrer. Meine Stimmung ist am Boden und daran wird sich auch erst mal nichts ändern. Bevor ich platze, fahre ich lieber noch mal in die Stadt und vertreibe mir dort die Zeit. Und die Aufgabe, nun ja, morgen ist halt auch noch ein Tag. Und so weiter ….

Eine Situation, die wir alle mal mehr und mal weniger schon erlebt haben, oder immer mal wieder erleben werden. Wir stehen vor einer Aufgabe, haben aber leider den Kopf nicht frei, um uns mit ihr zu befassen. Wir verdrängen sie für eine bestimmte Zeit, schieben sie vor uns her und warten schließlich so lange, bis sie monströse Ausmaße annimmt und uns nicht die geringste Ausweichmöglichkeit lässt. Eine Aufgabe, die lediglich zu tun war, verwandelt sich in ein Problem, für das eine Lösung gefunden werden muss; und was uns bleibt ist meistens nur eine Notlösung die uns vielleicht zufrieden stellt, uns aber nicht sonderlich glücklich machen kann.

Unsere Gefühle haben sehr großen Einfluss auf das was wir tun, ob wir es tun und vor allem, wie wir es tun.

Je nachdem wie wir uns gerade fühlen sind wir mal mehr oder mal weniger Leistungsfähig. Fühlen wir uns gut, kennt unsere Tatkraft scheinbar keine Grenzen. Wir sind hoch motiviert, können uns gut konzentrieren, gehen mit Freude an die Sachen heran und Rückschläge nehmen wir erst mal so hin, ohne dass sie ein Wässerchen trüben könnten.
Anders ist das bei Stress: Körperliche Beschwerden, Lärm, Hitze, Kälte, Ärger in der Familie, mit Freunden und Lehrern, vergessene Hausaufgaben usw. Das sind alles Dinge die uns den Alltag gründlich vermiesen können und schlimmer noch, uns davon abhalten können einen klaren Kopf zu behalten. Wir geraten ins grübeln und unsere Motivation tätig zu werden schwindet dahin, und schließlich wendet sich scheinbar alles gegen uns bzw. ist an der ganzen Misere schuld. Wir schieben die Dinge vor uns her und das manchmal so lange, bis wir den Überblick verlieren.

Bei manchen Menschen dauern negative Gefühle so lange an, dass sie nur noch über ihre missliche Lage nachdenken müssen und in ihr stecken bleiben, weil der Schwung fehlt, sich auf die anstehenden Aufgaben zu konzentrieren. Dieses ungewollte „Steckenbleiben“ beschreibt Julius Kuhl, Universität Osnabrück, mit dem Begriff der Lageorientierung.
Können wir uns jedoch von den Gedanken und Gefühlen, die in einer misslichen Lage auftreten auch gut wieder lösen, vielleicht sogar mit mehr Schwung als zuvor, sind wir imstande die eingetretene Lage durch eigens Handeln zu meistern. Ein Handlungsorientierter denkt nicht lange darüber nach, wie es zu dieser Misere gekommen ist. Er ist in der Lage sich so zu motivieren, dass er die Übersicht behält und das anstehende Problem als eine Aufgabe betrachtet, die zu bewältigen ist.

Theoretische Grundlagen